Die 76. Museumsbahnertagung des VDMT im Frühjahr 2019 findet vom 29.-31. März 2019 in Hamburg und Schleswig-Holstein statt. Ausrichter ist der Verein Verkehrsamateure und Museumsbahn e. V. (VVM), ein etwas ungewöhnlicher Ausrichter in der „Szene“ der Museumsbahnen, da er mehrere Besonderheiten aufweist. Da ist zunächst einmal der Umstand, dass der Verein drei Museumsstand­orte betreibt:

Ein kleines Museum erinnert an eine frühere elektrische Kleinbahn im Gebäude von deren einstiger Endstation in Hamburg-Wohldorf. Dort werden Dokumente und Erinnerungsstücke an diese unge­wöhnliche Bahn gezeigt, aber auch zur Geschichte des öffentlichen Nah­verkehrs in Hamburg, denn diese Bahn war eines von vielen Verkehrs­mitteln, die zusammen in der Groß­stadt für die Mobilität der Menschen sorgten, als Autos noch Luxus waren – und die Fahrt mit einer Straßen- oder Eisenbahn eigentlich auch.

Ein weiteres Eisenbahnmuseum be­steht im einst viergleisigen Lok­schuppen und auf dem darum herum liegenden Gelände des früheren Ein­satzortes der Dampflokomotiven für den Vorortverkehr zwischen Hamburg und Büchen in Aumühle. Dort sind höchst interessante Eisen­bahnfahrzeuge zu sehen, z. B eine große Sammlung preußischer Abteil­wagen verschiedener Bauarten, Triebwagen der Hamburger S-Bahn aller bisherigen Typen, Güterwagen, ein einmaliges Lehrstellwerk in einem Triebwagen der Baureihe VT 137 – aber auch Dampfloko­motiven fehlen hier nicht. Und hier findet man auch Originalfahrzeuge jener vorgenannten elektrischen Bahn, die einst in Hamburg-Wohldorf endete, darunter einen in Deutschland einmaligen doppel­stöckigen Anhänger. Fahrbetrieb für Besucher gibt es im Eisenbahn­museum Lokschuppen Aumühle mit einer Handhebeldraisine sowie einer 600-mm-Feldbahn.

Der größte der drei Standorte, der Bahnhof Schönberger Strand, wenige hundert Meter vor dem Ostseestrand bei Kiel gelegen, ist heute Ausgangs­punkt von eigentlich sogar zwei Museumsbahnen. Historische Eisen­bahnzüge verkehren ab hier landein­wärts durch die reizvolle Endmo­ränenlandschaft der „Probstei“ in Richtung Kiel – auf eigener Strecke bis Schönberg (Holstein), und weiter auf der früheren Kiel-Schönberger Eisenbahn. Auch hier gibt es neben den in Betrieb befindlichen Loks und Wagen noch zahlreiche weitere Eisenbahnfahrzeuge zu besichtigen.

Und die zweite Museumsbahn? Vor dem Bahnhofsgebäude von 1914 fahren elektrische Straßenbahnen auf eigenen Gleisen über einen Parcours im Bereich des Museumsbahnhofs, deren zahlreiche Weichen, Kreuzun­gen und Kurven das Fahrgefühl innerstädtischer Straßenbahnen erleben lassen. Dazu kommen hier mehrere technische Besonderheiten: Die Sammlung der Straßenbahnen umfasst heute Fahrzeuge aus Hamburg, Hannover und Berlin sowie aus Kiel, Lübeck und Braunschweig. Hamburg war der letzte Straßen­bahnbetrieb in Deutschland mit Stangenstromabnehmern – da muss die Oberleitung in einer anderen Geometrie verlegt sein als bei Betrieben mit Scherenstromabneh­mern. So ist hier nicht nur die größte „Flotte“ noch erhaltener Hamburger Straßenbahnwagen zu sehen – man kann auch mitfahren, nicht nur im geraden Gleis, sondern überall, wo die Normalspurgleise hinführen. Die Wagen aus Hannover und Berlin verkehren auch auf diesen Normal­spurgleisen, haben aber Scheren­stromabnehmer – die Fahrleitungs­anlage ist entsprechend kompliziert. Und nicht genug damit: Die Straßenbahnen aus Kiel, Lübeck und Braunschweig benötigen Schmalspur­gleise in der Spurweite 1100 mm (!) – entsprechend komplex ist mithin auch die Gleisanlage. Eine Anlage, die man gesehen haben muss – hier wird zudem, einmalig, historischer Nahverkehr mit alten Eisenbahnen und alten Straßenbahnen in erleb­barem Zusammenhang geboten.

Entsprechend der Lage dieser drei Standorte erfordert die Museums­bahnertagung nun einige Logistik. Tagungsort ist ein Hotel in Hamburg-Bergedorf, so verkehrsgünstig gele­gen, dass man mit einem Bus in erträglicher Zeit nach Schönberger Strand kommt, mit der S-Bahn nach Aumühle, und auch das Museum in Hamburg-Wohldorf ist mit öffentli­chen Verkehrsmitteln im Hamburger Verkehrsverbund zu erreichen.

Wie konnte es nur dazu kommen, dass ein Verein derartige – und derart unterschiedliche – Museen und Museumsbahne betreibt, dazu an diesen Standorten?

Tatsächlich ist der Verein Verkehrs­amateure und Museumsbahn e. V. aus der wohl ältesten „Museums­bahninitiative“ in ganz Deutschland hervorgegangen. Bereits seit 1954 gaben zwei sich überlagernde Grup­pen von Eisenbahn- und Nahver­kehrsfreunden zwei Mitteilungsblät­ter heraus, die noch heute bestehen und seit 2019 vereinigt unter der Federführung des VVM im 66. Jahr­gang erscheinen. 1957 erwarb ein Privatmann einen der beiden letzten Anhänger der einstigen elektrischen Kleinbahn Altrahlstedt – Volksdorf vom Schrott zurück und baute unter Verwendung von Teilen des anderen das nach 1934 entfernte Oberdeck wieder auf, stellte sich den Wagen in seinen Garten und schrieb „Museum“ auf ein Schild an seinem Haus. Dazu wurde im November 1958 der (erste) „Kleinbahn-Verein Wohldorf“ gegrün­det, der sich ab 1961 darum bemühte, auf der 1,8 km langen Reststrecke jener Kleinbahn eine Museumsbahn einzurichten – es wäre die erste in Deutschland gewesen. Tatsächlich entstammten die Gründer der wirklich ersten Museumsbahn, die 1966 in Bruchhausen-Vilsen in Fahrt kam, dem Kreis dieser „Gründergenera­tion“ in Hamburg.

Das Projekt scheiterte 1964, es gab einen Wechsel im Vorstand. Neuer Vorsitzender wurde Günter Dolezal, der mit den „Hamburger Verkehrs­amateuren“ ab 1965 begann, weitere alte Eisenbahnen und Straßenbahnen zu erwerben, mit dem Ziel, nun an einem anderen Standort ein Verkehrsmuseum mit Fahrbetrieb zu begründen. 1968 erhielt der Verein seinen heutigen Namen. Und tatsächlich: Ende 1972 konnte der Lokschuppen Aumühle zunächst angemietet werden. 1976 fuhr die erste Museumsbahn in Schönberg. Zwischenzeitlich hatte Günter Dolezals Vorgänger einen zweiten „Kleinbahn-Verein Wohl­dorf“ gegründet, dem es gelang, 1999 das Museum in Hamburg-Wohldorf einzurichten. 2010 fusio­nierten beide Vereine, so dass der VVM jetzt Nachfolger von zwei „Kleinbahn-Vereinen Wohldorf“ ist. Und die gesammelten Straßenbah­nen mussten ja auch irgendwo bleiben. Mithilfe der Gemeinde Schönberg entstand dort seit 1988 diese einmalige Anlage, seit 1993 fahren auch die Straßenbahnen.

Man könnte noch so viel berichten, über Grunderwerb, neue Bauten, Fahrzeuge, das Vereinsleben, aber auch die Herausforderungen der Zukunft. All dies wird es auf der Museumsbahnertagung zu erleben und zu erfahren geben! (Harald Elsner)

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