Auf Einladung der DGEG fand die diesjährige Frühjahrstagung des VDMT vom 12. bis 14. März rund um das Pfalz-Bahn Museum in Neustadt/Weinstraße statt.
Dieser Tagungsort verkörpert in idealer Weise den Sektor der Museums- und Touristikbahnen, denn hier wird in der historischen Fahrzeughalle der ehemaligen bayrischen Pfalzbahn eine attraktive, thematisch passende Sammlung an Eisenbahnexponaten nach einem modernen didaktischen Konzept präsentiert. Zudem findet hier museale Forschungs- und Vermittlungsarbeit statt. Das dazugehörige Kuckucksbähnel zeigt auf der Strecke Neustadt-Lambrecht-Elmstein die historische Eisenbahn im „Echtbetrieb“.
Zur Gesamtheit gehört auch noch das von der DGEG genutzte ehemalige Bahnbetriebswerk Neustadt, das nicht öffentlich zugänglich ist, den Tagungsteilnehmern nach dem Museumsbesuch jedoch offenstand. DGEG-Präsident Hans-Jürgen Pfeiffer sowie die verantwortlichen Leiter des Museums und der DGEG-Sektion Neustadt, Prof. Ralf Rudolf und Reinhard Winkler, erläuterten die Rolle des Pfalzbahn-Museums im Gesamtgefüge der DGEG.
Volker Wente (VDMT) gab einen Überblick über die strategische Ausrichtung der Lobbyarbeit des Verbandes. Ziel ist es, die Museums- und Touristikbahnen aus weitgehenden, für den kommerziellen Eisenbahnbetrieb entwickelten Regulierungs-, Dokumentations- und Informationsverpflichtungen herauszuhalten und die EU-rechtlich mögliche nationale Ausnahmeregelungen für ausschließlich historisch oder touristisch genutzte Fahrzeuge und Infrastrukturen zu erwirken. Dies bedeutet kein geringeres Sicherheitsniveau, denn es bleibt bei den Sicherheitsanforderungen des AEG. Allerdings entfällt eine stark formalisiert Nachweisführung, für die behördliche Genehmigungen und Zertifizierungen notwendig wären. Die aber würden administrativen Aufwand und hohe Kosten bedeuten.
Beispielhaft erläuterte Volker Wente die Lobbyerfolge. Es gibt Ausnahmen von den kostenträchtigen Vorgaben der Fahrgastrechte-Verordnung (EU-VO 1371/2007). Für ausschließlich historisch oder touristisch genutzte Fahrzeuge sind weder Sicherheitsbescheinigung (§7a Abs. 1 S 3 AEG) noch eine Instandhaltungsstellenbescheinigung (§ 4a Abs. S.4 AEG-neu) erforderlich. Die neu gefasste Eisenbahn-Inbetriebnahmegenehmigungsverordnung findet hier gar keine Anwendung. (EIGV). Auch hat der Gesetzgeber den Vorschlag des VDMT zur Definition eines ausschließlich historisch oder touristisch genutzten Fahrzeugs im Ergebnis übernommen.
Aktueller Schwerpunkt der Lobbyarbeit ist, eine Ausnahme von der neu eingeführten CO 2-Bepreisung zu erwirken. Selbst mit sehr guten Argumenten sind die Erfolgsaussichten für den Sektor der Museums- und Touristikbahnen nur schwer einschätzbar, weil hier ganz andere Interessengruppen um Ausnahmen werben.
Wie üblich, wurde auch diesmal im Rahmen der Frühjahrstagung die Mitgliederversammlung des Verbandes durchgeführt. Neben den notwendigen vereinsrechtlichen Formalbeschlüssen bestimmte die schon mehrfach diskutierte Neuausrichtung des VDMT die Versammlung. Im Ergebnis nochmals kontrovers geführter Debatten bestätigte die Versammlung schließlich das Konzept des Vorstandes einschließlich einer damit verbundenen neuen Beitragsordnung mit nur wenigen Gegenstimmen bzw. Enthaltungen. Damit ist der Weg frei, die notwendige Lobbyarbeit des Verbandes durch die Entwicklung professioneller Strukturen zu stärken. Dies meint die Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für eine verlässliche Interessenvertretung beim Gesetzgeber und in der Verwaltungsorganisation. Wesentlicher Schritt ist die Unterstützung der politischen Vorstandsarbeit durch eine professionelle Geschäftsstelle, in der Verwaltungsaufgaben auf Dauer und losgelöst von personellen Veränderungen im Ehrenamt erledigt werden.
Auf der Agenda stand auch die Neuwahl des Schatzmeisters des VDMT. Einstimmig gewählt wurde Michael Baaden, der als Steuerberater und langjähriger aktiver Museumsbahner über umfangreiche Kenntnisse verfügt. Schon seit längerem fungiert er faktisch als Obmann der Arbeitsgruppe Steuern des Verbandes und gibt regelmäßig Erfahrungsberichte zu aktuellen Verfahrensweisen der Finanzverwaltung insbesondere mit Blick auf das Gemeinnützigkeitsprivileg, das viele Mitgliedsverbände genießen.
Aus aktuellem Anlass befasste sich die Mitgliederversammlung auch mit der drohenden Insolvenz der Achenseebahn AG aufgrund zeitnah ausbleibender öffentlicher Unterstützung durch das Land Tirol. Zur Unterstützung der unmittelbar involvierten Akteure wurde eine Resolution zur Rettung des Kulturdenkmals Achenseebahn (siehe weiter unten) beschlossen und den politisch Verantwortlichen auf Landes- und Bundesebene übermittelt.
Auf die informativen Vorträge und Sitzungen der Arbeitsgruppen, die sich zunehmenden Interesses erfreuen, gehen wir demnächst ein. (Hans Jürgen-Credé
Resolution
1. Wir betrachten die Achenseebahn als Gegenstand besonderer kulturhistorischer und
technikgeschichtlicher Bedeutung von europäischem Range.
2. Kern dieser Feststellung ist der Betrieb der historischen Original-Fahrzeuge in ihrem
authentischen Umfeld.
3. Aufgrund des unübersehbar abgewirtschafteten Zustands von Anlagen und Rollmaterial
scheint es uns zunächst zweckmäßig, eine neue Konzeption zum Weiterbetrieb der Bahn zu
erstellen. Hierin muss die besondere kulturhistorische Bedeutung der Bahn, geeignete
Rechts- und Betreiberformen, Formen des alternativen (Bahn-) Betriebs und den finanziellen
Grundlagen der Gegenwart und Zukunft Berücksichtigung finden.
4. Wir fordern das Land Tirol auf, alle Alternativen zu prüfen oder durch unabhängige und
fachkundige Kreise prüfen zu lassen, die es ermöglichen, die Achenseebahn als einmalige
Sachgesamtheit aus der Zeit des Kaisers in Betrieb zu halten und damit diesen „Schatz“ in
Tirol auch künftigen Generationen erlebbar zu machen.
5. Gleichzeitig fordern wir das Land Tirol auf, alle konzeptionelle Überlegungen für die
Herstellung einer anderweitigen Verkehrstechnologie für die Achenseeregion so lange
zurückzustellen, bis die Ergebnisse aus Punkt 4 verifiziert und unter Einbeziehung der
österreichischen Fachverbände und der Bevölkerung vorliegen und ausdiskutiert wurden.