„Wege in die Zukunft“ war das übergreifende Thema der Frühjahrstagung 2009, zu der sich rund 90 Teilnehmer aus VDMT-Mitgliedsvereinen im März in Nördlingen trafen. Die 56. Museumsbahntagung, ausgerichtet vom Bayerischen Eisenbahnmuseum, das in diesem Jahr sein 40-jähriges Jubiläum feiert, fand im historischen Stadtsaal beim Klösterle statt. 1584 ist die ehemalige Klosterkirche zum Kornhaus umgebaut worden und heute stilvoller Treffpunkt für Veranstaltungen. Zu dem kritisch in die Zukunft gerichteten Blick auf die Museumsbahnszene gehörten sowohl die jüngst ergangenen Gerichtsurteile hinsichtlich der Wiehltalbahn als auch die Zukunft des Dampfbetriebes und nicht zuletzt auch die Struktur und Wirkung der bisherigen Arbeitskreise im VDMT.
Bürgermeister Helmut Guckert hieß die Tagungsteilnehmer in seiner Stadt willkommen. Er hob die Bedeutung des Bayerischen Eisenbahnmuseums für Nördlingen als Tourismusstandort hervor und stellte insbesondere das ehrenamtliche Engagement und den Idealismus der Vereinsmitglieder heraus, bevor auch Michael Krumm, Schatzmeister des befreundeten Bundesverbandes Deutscher Eisenbahn-Freunde (BDEF), seine Grußworte an die Versammlung richtete. Gastgebender Vereinsvorsitzender Ekkehard Böhnlein ließ schließlich noch die vergangenen vier Jahrzehnte des Bayerischen Eisenbahnmuseums Revue passieren, von der Gründung des damaligen Eisenbahnclubs München 1969, den ersten Sonderfahrten, der ersten eigenen Strecke, vom Aufbau des Museums in Nördlingen 1985 bis hin zum heutigen Betrieb und erfolgreicher Jugendarbeit. Die Fahrzeug-Sammlung weist über 200 Exemplare auf, darunter fünf betriebsfähige Dampfloks.
Wenn es um die Zukunft von Museumsbahnen geht, steht das Thema Wiehltalbahn wegen seiner Signalwirkung ganz oben an. Die Bahn im Südosten von Nordrhein-Westfalen wäre von einer Stilllegung „unter dem rollenden Rad“ betroffen worden, hätten die Richter nicht letztlich zugunsten der Schiene entschieden. Gerhard Mansel, Vorsitzender des Fördervereins zur Rettung der Wiehltalbahn, der bereits 1994 gegründet worden ist, berichtete über den jahrelangen Kampf um den Erhalt der Strecke von Osberghausen über Wiehl nach Waldbröl und Morsbach trotz bestehenden und geplanten neuen Schienenverkehrs. Die unterschiedlichen Interessen von Eisenbahn und Kommunen seien so unversöhnlich aufeinandergeprallt, dass insgesamt 14 Klageverfahren in Gang gesetzt wurden. Schließlich gingen der Förderkreis und die Rhein-Sieg-Eisenbahn als Eisenbahn-Infrastruktur-Unternehmen (EIU) aber doch als Sieger aus dem Rechtsstreit hervor und müssen sich nicht den Forderungen der Kläger auf anderweitige Nutzung beugen.
Der Experte für Eisenbahnrecht Dr. Bernd Uhlenhut zeichnete den Weg der einzelnen Klagen und die verschiedenen Argumentationen nach. Wäre dem Begehren auf eine Entwidmung der Strecke trotz bestehenden Verkehrs nachgegeben worden, hätte das Urteil einen Präzedenzfall geschaffen, nach dem Museumsbahnen der Willkür von Kommunen ausgeliefert worden wären. Das ist nun unterbunden worden. Eine eisenbahnrechtliche Widmung wiegt schwerer als eine geplante zivilrechtliche Nutzung. Im Übrigen hätte es Uhlenhut für weitaus sinnvoller gehalten, seitens der Kommunen das Gespräch mit den Bahnbeteiligten zu suchen, statt in Konfrontation zu gehen und ein Dutzend Verfahren anzustrengen. Eines Tages werde man froh sein, dass die Strecke erhalten blieb.
Einem anderen zukunftsträchtigen Thema widmete sich Thomas Huber von der UVW Leasing, Ettlingen, und stellte den Museumseisenbahnern sein Unternehmen als Leasingpartner für Eisenbahn-Fahrzeuge vor. Diese Form der Fahrzeugvorhaltung sei eine bedenkenswerte Alternative für Museums- und Touristikbahnen. Einige von ihnen seien bereits Kunden der Gesellschaft. Den drei Fachvorträgen schloss sich die VDMT- Mitgliederversammlung 2009 an, auf der u.a. beschlossen wurde, dem Interessenverband Allianz pro Schiene beizutreten.
Günther Steinhauer, stellvertretender VDMT-Vorsitzender, leitete den zweiten Tag mit einer Zusammenstellung der besorgniserregenden Entwicklung auf dem Dampfloksektor bei Deutschlands Museumsbahnen ein: Etliche Betriebe müssen seit geraumer Zeit ohne eigene Dampflok auskommen, darunter auch solche, die diese Traktionsart teils sogar in größerem Umfang zuvor pflegten und zu einem Markenzeichen machten. Allein bei der Deutschen Bahn wurden zwischen 1996 und heute rund drei Dutzend museal erhaltene und betriebene Dampfloks abgestellt, und gegenwärtig wird von der DB nur noch der Adler eingesetzt.
Jürgen Ebel, bekannt als Buchautor, vertiefte das Thema „Dampfloks ohne Zukunft?“ und skizzierte den Niedergang der Dampfaktivitäten bei den Museumsbahnvereinen vor dem Hintergrund veränderter Voraussetzungen gegenüber den Anfangsjahren und dem Höhepunkt in den 90ern sowohl im personellen als auch im betrieblichen Bereich. Er untersuchte die Gründe für den Rückgang des Dampfbetriebes bei den Museumsbahnen. Er zeigte Mängel in der Vereinsarbeit und der Darstellung in der Öffentlichkeit auf, gab Anregungen für die allenthalben notwendigen Einsparungsmöglichkeiten und wagte einen Blick in die Zukunft: Auch dann würden die Dampfloks noch Sympathieträger der Eisenbahn schlechthin sein. Es lohne sich für die heutigen „alten Männer“ die Voraussetzungen zu schaffen, dass auch die Nachgeborenen sie noch im Betrieb erleben könnten.
Im Anschluss an Ebels Ausführungen wurde im Plenum zum Teil heftig über die Aufarbeitung, Unterhaltung und den Betrieb von Dampflokomotiven in der heutigen Zeit diskutiert. Da trafen die Vorstellung von ausschließlicher Authentizität und modernen Kompromissen aufeinander, da wurden Beispiele aus Schweden und England aufgeführt und letztlich auch die provokante Frage gestellt, ob die deutsche Gesellschaft in spätestens 25 Jahren überhaupt noch Dampflokomotiven wolle.
Die Dampflokführerausbildung unter der EU-Richtlinie 2007/59/EG, die zur Harmonisierung der Ausbildung und Prüfung der Triebfahrzeugführer in der EU beitragen soll, und ihre Folgen beleuchtete VDMT-Vorsitzender Heimo Echensperger. Bis zum Dezember dieses Jahres muss sie in nationales Recht umgesetzt werden. Er verwies auf möglichen Handlungsbedarf für die Museumsbahnen, um den Nachwuchs zu sichern.
Bevor die Tagungsteilnehmer sich zur abschließenden Dampfzugfahrt mit der 03 2295 von Nördlingen nach Gunzenhausen trafen, stand statt einer Sitzung der bisherigen Arbeitskreise Museumskonzepte, Fahrzeugtechnik und Infrastruktur, Dieseltraktion, Eisenbahnbetrieb sowie Marketing und Vertrieb eine Diskussion um ihre derzeitige Struktur und Wirkung an.